Gründungsaufruf
Historische Stätten als 'Studienstellen'
für Farbforschung und Farbgestaltung
Wer kennt nicht Goethes Wohnhaus in Weimar, das Runge-Haus in Wolgast oder Wilhelm Ostwalds 'Haus Energie' in Großbothen/ b. Leipzig. Heute sind es Museen und Besuchermagneten für Jedermann. Es sind für uns aber auch historische Stätten der Farbwissenschaft, Farbkunde und Farbgestaltung, die den Geist vergangener Zeit atmen. Wie gehen wir aber mit jenen Orten um, an denen Künstler und Wissenschaftler an Farbforschung u.Farbgestaltung noch bis vor Kurzem gewirkt haben?
Vor 20 Jahren, am 28. Oktober 2005, wurde an der TU Dresden, Fakultät Architektur eine neue, interdisziplinere Lehr- und Forschungssammlung als 'Sammlung Farbenlehre'
gegründet. Sie wurde zu einem Bindeglied zwischen den beiden länger an der TU Dresden bereits existierenden Sammlungen zum Themenkomplex Licht und Farbe: 'Historische Farbstoffsammlung' an der
Fakultät Chemie u. 'Hermann-Krone-Sammlung' am Institit für Photophysik (IPP). Ein Gründungsanlass war damals auch der 100. Geburtstag des bedeutenden Dresdner Farbwissenschaftlers Manfred Richter
(1905-1990), der 1937 am Wissenschaftlich-Photografischen Institut' (WPI) bei Robertt Luther (1868-1945) und August Klughardt (1887-1970) über das Schrifttum zu Goethes Farbenlehre promoviert
hatte.
2005 konnte ich als Privatdozent für Grundlagen der Gestaltung an der Fakultät Architektur meine Privatsammlung und meine Lehrmaterialien (Lehrtafeln zur Geschichte der Farbenlehre sowie eigens entwickelte Lehrmaterialien und Instrumente) als Grundstock in die neue Sammlung einbringen. In den Folgejahren konnte ich diesen ergänzen durch Zugänge aus Beständen verschiedener Institutionen (z.B. IPP, BAM, DfwG, WOG u.a.) sowie aus privaten Nachlässen:
- Manfred Richter und Heinz Terstiege
- Paul Baumann und Otto Prase
- Manfred Adam (gesamter, umfangreicher Nachlass)
- Gerhard Zeugner
- Gerhard Streller und Fritz Rausendorf
Siehe: Zur Geschichte der Farbenlehre im Mitteldeutschen Raum. und
Farbe. Geschichte I Systeme I Pioniere. FAVORITENPÜRESSE, Berlin 2024, 192 S,, ISBN 978-3-96849-132-5
Die Sammlung Farbenlehre entwickelte sich nach der ersten Aufbauphase bis 2016 - auch durch Schenkung der umfangreichen Privatsammlung des Drucktechnikers Harald Küppers (1928-2021) - zu einem bedeutenden Nucleus historischer Farbforschung im deutschsprachigen Raum. Im Verbund mit den beiden älteren Sammlungen bietet sie heute einen wesentlichen Sammlungskomplex für historische Aufarbeitungen und Studien auf verschiedenen Feldern der Farbwissenschaft, Farbkunde und Farbenlehre.
In den letzten Jahren gab es wiederholt Anfragen von Wissenschaftlern und Gestaltern, auch Ergebnisse Ihrer Arbeit in die Dresdner Sammlung einzubringen, was aber auch wegen räumlicher Knappheit kaum noch realisierbar war. Deshalb richtet sich der nachfolgende Gründungsaufruf auch an all Jene, die einen wissenschaftlichen oder/und künstlerischen Nachlass zu verwalten haben und ihn zur besseren öffentlichen Wahrnehmung gern in einen Informationsverbund in Gestalt eines freien 'Informationsportals'zur Farbforschung und Farbgestaltung einbringen möchten. In einer Zeit, in der räumliche und finanzielle Ressourcen immer knapper werden, könnte ein derartiges Portal dazu beitragen, auf historische Stätten und Schätze im deutschsprachigen Raum aufmerksam zu machen und ggf auch helfen, sie zu jeweils spezifischen 'Studienstellen der Farbforchung und Farbgestaltung' zu entwickeln. Bewegt hat mich zu diesem Schritt der aktuelle Fall des vor einem Jahr verstorbenen Architekten, Designers, Malers und Autors Lothar Gericke (1937-2024), dessen Atelier in Sophienstedt/Barnim b. Berlin in disem Sinne eine ideale Studienstelle sein könnte. Gericke entwickelte gemeinsam mit dem erst vor wenigen Wochen leider auch verstorbenen Farb-u. Oberflächengestalter Klaus Schöne (1937-2025) - auch Co-Autor des Buches 'Das Phänomen Farbe', Hentschelverlag 1970 - ein innovatives 'Planetensystem' differenzierter Farbausmischungen sowie den praxisorientierten 'Farbenkatalog für die Gestaltung' des DAMW, Berlin1969/70.
Ich hoffe sehr, dass mein Aufruf der Idee eines freien Informationsportals Impulse verleihen und zukünftig besonders jungen Wissenschaftlern und Gestaltern von Nutzen sein kann.
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